die Geschichte einer Mutter
"Diese faszinierende Memoir über den Kampf einer Mutter um das Leben ihres Babys zu retten, welches mit nur einem halben Herzen geboren wurde, in einem fremden Land, von dem die Mutter weder jemanden kannte, noch die Sprache verstand, wird sie inspirieren durchzuhalten, entschlossen zu sein und niemals aufzugeben wenn sie mit einer Herausforderung konfrontiert werden."
Dean Ornish, M.D.
Founder & President, Preventive Medicine Research Institute
Clinical Professor of Medicine, UCSF
author, The Spectrum
"Tracie ist eine Heldin. Mögen viele Eltern aus ihren Erfahrungen lernen."
Dr. med. Dipl. Psych. Alex Gillor
"Diese Geschichte von Marc zeigt das Beispiel einer entschlossenen Mutter, die nie die Hoffnung verloren hat und weltweit nach einer Möglichkeit suchte, das Leben ihres leidenden Kindes zu retten. Ich bin sicher, dass der Leser durch diese gut geschriebene, mitfühlende und überzeugende Erzählung ergriffen sein wird."
Aldo Castañeda, M.D. Ph.D.
"Eine Geschichte, die Eltern inspiriert, voller Liebe Humor und Kummer. . . Sprachlicher Reichtum ist im gesamten Text zu finden."
KIRKUS REVIEW
"Durchweg wunderschöne Formulierung. Die emotionale Nacherzählung der Geschichte aus Sicht der Autorin, zeigt große Kraft durch das erneute durchleben, federt zu schönen Formulierungen und visuellen Beschreibungen wie das überbrücken Ihrer Herausforderungen. Autorin vermittelt Emotionen in enormer sensorischer und auf Erfahrung beruhender Beschreibung, wie z.b. „das Gebrüll von der Grube Ihres Magens“. Wir verstehen ihre Verwirrung, ihren Schock, ihre Angst und wir werden durch ihrer Beschreibung der Worte der Ärzten als Instrument der Folter getroffen. Sehr gut getroffen. Autorin malt die Umgebungen sehr gut, ergänzt sensorische Details, welche die Szenen zum Leben erwecken und Dialoge werden mit Energie und Verbindungen verinnerlicht. Sehr gut gemacht. Von ihrer Erfahrung lernen wir den Unterschied zwischen dem ändern einer Meinung von jemandem und dem nicht akzeptieren der Meinung anderer.
Da ist sehr stark und einer der größten Geschenke des Buches. Sehr gut gemacht. Der Widerstand der Ärzte Ihren Sohn in die Pflege amerikanischer Mediziner freizugeben bewegt den Leser, da unsere Herzen in der Idee versinken, dass diese doch eher besorgt sein müssten, nicht in der Lage zu sein, den Fall Ihres Sohnes gut genug behandeln zu können. Die Autorin nutzt alle Groß-/Kleinschreibung in Ihrer Reaktion so gut. Wir schreien mit Ihr an Ihrer Seite. Die Autorin hat eine bewegende Geschichte gestaltet, die als großartige Anleitung für jeden Leser gelten kann, der einer ähnlichen Situation ins Auge sieht. Gut gemacht! Die Schreibstimme der Autorin trägt uns zuversichtlich durch einige undenkbar schwierige Momente, während sie uns gleichzeitig umarmt."
25th Annual Writer’s Digest Self-Published Book Awards judge's commentary
"Bedingungslose Liebe gepaart mit Tatkraft und Mut zeichnen die überwältigende Lebensgeschichte von Marc aus. Daraus schöpfe ich Kraft für meine Arbeit und mein Leben."
Sonja Klima - Präsidentin der Ronald McDonald Kinderhilfe, Österreich
"Tracie Frank Mayers 'Einen Herzschlag entfernt' drückt gleichzeitig auf die Tränendrüse und erwärmt das Herz. Eine wahre Geschichte voller Poignanz und Leidenschaft, die die Leser weinen, lachen und feiern lässt."
Heather McNamara for IndieReader
"'Einen Herzschlag entfernt' von Tracie Frank Mayer ist ein unglaublicher Blick auf das Leben und die Liebe einer Mutter zu ihrem medizinisch komplexen Kind. Tracie Frank Mayer nimmt die Leser mit einer rohen Ehrlichkeit in ihre Welt mit, die nicht nur an den Herzen zerrt, sondern auch eine aufschlussreiche Perspektive auf ein Thema und eine Situation bietet, über die sie vielleicht nie zweimal nachgedacht haben."
Indie Reader
"'Einen Herzschlag entfernt' von Tracie Frank Mayer ist eine ergreifend geschriebene, fesselnde und äußerst inspirierende Geschichte, Memoiren, die auf brillante Weise die Essenz der Liebe einer Mutter einfängt und neu definiert, was es bedeutet, Eltern zu sein … Die Story von 'Einen Herzschlag entfernt' ist eine Geschichte mit einer starken Botschaft – Liebe heilt. Liebe findet Antworten. Liebe erlaubt es uns, in den kompliziertesten und schwierigsten Situationen zu gewinnen. Wunderschön geschrieben, preist diese Erzählung die Größe des menschlichen Geistes und lehrt die Leser, dass es immer Hoffnung gibt, selbst in den düstersten Situationen."
Readers’ Favorite
"Ich liebte es. Von meiner Seite des Untersuchungstisches bekommt man eine gewisse Perspektive, aber von der Patientenseite bekomme ich selten einen so tiefen Einblick. Ich bekomme nur hörbare Seufzer von der Familie, wenn ich sage, dass alles in Ordnung ist.
Es gibt viele wichtige Dinge, die ich gelernt habe.
Ich werde es in unsere Bibliothek stellen, damit unsere Auszubildenden während ihrer Ausbildung einen Blick auf die Situation der Familien werfen können."
Michael D. Freed
Department of Cardiology
Children's Hospital Boston
"Angeborene Herzfehler sind eine führende Ursache für Säuglingserkrankungen und deren Tod. Es besteht sicherlich ein dringender Bedarf an mehr öffentlichem Bewusstsein. Ich wünschte, ich hätte eine solch inspirierende Geschichte vor etwa dreißig Jahren gelesen, als meine Reise begann. Wir können Fakten und Zahlen erforschen, aber am besten lernen wir durch solche Geschichten.
Wir leben für die Inspiration.
Das Leben ist voller Enttäuschungen und keiner von uns ist dagegen immun. Das Unwahrscheinliche scheint ein Leben lang fern zu sein. Die Wahrheit dagegen ist, dass wir manchmal etwas gewinnen oder verlieren und manchmal verlieren wir alles. Wir kämpfen uns täglich durch das Leben und unabhängig der Größe unserer Herausforderungen suchen wir inspirierende Geschichten von Glaube und Hoffnung. Besonders wenn man auf die Probe gestellt wird.
'Einen Herzschlag entfernt' ist ein Beweis für die Ausdauer des menschlichen Geistes.
Die Botschaft von meiner Geschichte kann ich Ihnen in 3 Wörtern sagen: Gebt niemals auf!
Ich möchte Sie durch Marcs and meine Geschichte ermutigen wenn Sie für irgendwas in ihrem Leben kämpfen müssen, sei es Gesundheit, wie auch immer– bitte, geben Sie nicht auf! Halten Sie durch! Seien Sie mutig in Ihren Überzeugungen, und seien Sie überzeugt von Ihrem Mut!
Um unser höchstes Potenzial im Leben zu erreichen, müssen wir manchmal Kämpfer sein. So be driven. Push. Und erkennen Sie, dass Charakter in schwierigen Zeiten entwickelt wird. Das Leben ist zu kurz und zu kostbar, um nonchalant zu sein.Wir können Widrigkeiten trotzen. Wir können unsere Widerstandsfähigkeit entwickeln. ALLES ist möglich denn aufgeben gibt’s nicht und das ist das Herz aller Dinge!
Gebt niemals auf!"
Tracie Frank Mayer
Lieber Dr. Castañeda,
liebe Grüße aus Deutschland. Ich möchte Ihnen wirklich noch mal ganz herzlich für Ihren Anruf danken. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie überrascht ich war (und wie unvorbereitet). Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich es schätze, dass Sie mich angerufen haben.
Dr. Castañeda, ich schicke Ihnen anbei die Übersetzungen der Berichte von Marcs Katheterisierung aus dem Jahr 1991 und von seiner Kontrolluntersuchung vom Januar dieses Jahres. Wie ich bereits erwähnte, sind das nur begrenzte Informationen, aber mich würde trotzdem Ihre Meinung interessieren. Ich werde Sie nächste Woche anrufen. Vielleicht könnte mir Ihre Sekretärin dann einen Zeitpunkt nennen, an dem Sie gut erreichbar sind.
Ich hoffe, mein Fax hat Sie gut erreicht, lieber Dr. Castañeda, und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag – und nochmals vielen herzlichen Dank,
Tracie, 11. Februar 1994
Am 14. Februar rief Dr. Castañeda wieder an. Er wollte die Aufzeichnung der letzten Katheteruntersuchung selbst sehen.
Am 17. Februar begrüßte ich den Federal-Express-Fahrer an unserer Haustür. Ich schickte ein leises Gebet mit auf den Weg. Auf dass das Päckchen, das der Fahrer mir aus der Hand nahm, gut beschützt sein würde. Ich schaute ihm hinterher, wie er sich umdrehte, die Treppe hinunterging, in seinen Lieferwagen stieg, da drin kurz herumfuhrwerkte und dann langsam rückwärts aus unserer Einfahrt hinausfuhr. Er blickte nach oben und sah, wie ich ihm noch immer hinterherschaute. Er winkte, legte den ersten Gang ein und fuhr davon.
Am nächsten Tag rief ich in Boston an. Ich erfuhr, dass das Päckchen abgeliefert worden war, um 10:36 Uhr übergeben wurde in die Hände eines Herrn T. Smith, der es an die Poststelle weiterleitete, wo es eine Frau S. Perkins aus Dr. Mayers Büro entgegennahm, die es einer Frau K. Milligan überbrachte, der Geschäftsführerin der Herzchirurgie, die es persönlich Dr. Castañeda in die Hände drückte.
Hallo Dr. Castañeda,
anbei finden Sie die folgenden Berichte:
März 1985 – nach Marcs erster OP
Dezember 1985 – nach Marcs zweiter OP
August 1991 – Katheteruntersuchung
Januar 1994 – Marcs letzte Kontrolluntersuchung
Nochmals vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse an meinem Sohn.
Herzliche Grüße,
Tracie
Liebe Frau Frank-Mayer,
ich habe mir die letzte Kineangiographie sowie die Ergebnisse der Katheteruntersuchung angesehen. Obwohl Ihr Sohn sicherlich ein sehr komplexes Herzproblem hat, denke ich, dass sein Zustand erheblich verbessert werden könnte. Nachdem wir hier eine erneute Katheterisierung durchführen würden, müsste man in die linke Lungenarterie hineinkommen oder wenigstens einen beidseitigen pulmonalkapillären Verschlussdruck messen. Vom chirurgischen Standpunkt aus müsste man zunächst beide, den linken und den rechten Blalock-Taussig-Shunt, entfernen, dann die linke und die rechte Lungenarterie wiederherstellen und auch eine zentrale Verbindung zwischen den beiden, da es eine massive Blockade zwischen diesen Blutgefäßen gibt. Je nachdem, wie viel Zeit das in Anspruch nimmt, kann man entweder die fenestrierte Fontan-Operation zu Ende führen oder zuerst einen bidirektionalen cavopulmonalen Shunt einfügen, und dann, acht bis zehn Monate später, die fenestrierte Fontan-Operation durchführen. Anschließend, in einer zweiten Phase, würde man die fenestrierte Modifizierung, die wir für den Fontan-Eingriff entwickelt haben, abschließen. Eine erneute palliative Shunt-Operation links würde ich nicht befürworten. Diese würde die bereits vorhandene Pathophysiologie und anatomische Komplexität verschlimmern bzw. verstärken.
Ich hoffe sehr, dass Ihnen diese Informationen weiterhelfen.
Mit den besten Wünschen
Aldo Castañeda, M.D.
Am folgenden Tag, dem Ostersonntag, saßen wir drei im Auto und fuhren in Richtung Frankreich, wo wir eine Woche Urlaub machen wollten. Das war das erste Mal, dass Helmut und ich ein zaghaftes Gefühl der Ruhe in uns aufsteigen spürten. Wir wagten es, uns zurückzulehnen und eine Erholungspause von all unseren Sorgen und Ängsten zu genießen. Wir lächelten unentwegt, als Marc auf dem Rücksitz leise zu singen begann, während draußen die Landschaft vorbeirauschte, wo sich von Zeit zu Zeit ein von der Welt abgesondertes Dorf um seinen Kirchturm drängte, wo Schafe grasten, wo wilde Blumen wuchsen und wo alles in Ordnung schien. Endlich. Es war tatsächlich das erste Mal in unserem Leben als Eltern, dass jemand Helmut und mir Hoffnung für unseren Sohn gegeben hatte. Das allererste Mal.
Eine Woche später konnte Marc am Montag nicht zur Schule gehen. Er blieb zu Hause mit Fieber, Erbrechen und Durchfall. Helmut ging arbeiten. Ich rief bei der Lufthansa an, um sie zu bitten, unsere Passagierakten herauszusuchen (falls sie diese noch hatten) und alle Formalitäten vorzubereiten, die wir erledigen mussten, um nach Boston zu fliegen.
Dann rief ich die Uniklinik an, um einen schnellstmöglichen Termin mit dem Professor zu vereinbaren.
»Guten Tag, Kinderherzzentrum. Sie sprechen mit Schwester Barbara.«
»Guten Tag, Schwester Barbara. Tracie Mayer hier. Ich grüße Sie.«
»Guten Tag, Frau Mayer, ich grüße Sie auch.«
»Hätte der Professor heute kurz Zeit für mich?«
»Geht es Marc nicht gut?«, fragte sie.
»Marc geht es gut. Es geht um mich. Ich muss den Professor so schnell wie möglich treffen, bitte. Es ist dringend«, antwortete ich ihr.
»Lassen Sie mich mal sehen … Frau Mayer, können Sie am späten Nachmittag vorbeikommen? Sagen wir, so zwischen 17 und 18 Uhr?«
Das wäre perfekt. Bis dahin müsste Helmut das Fax von der Lufthansa erhalten haben. Dann könnte ich auf dem Weg ins Krankenhaus bei ihm vorbeifahren und es abholen. Wenn es das gleiche Formular wie bei unserer letzten Reise war, dann würde der Professor gerade mal eine Minute brauchen, um es auszufüllen und zu unterschreiben. Ich weiß noch, wie ich dachte, dass er das Dokument diesmal mit mehr Wohlwollen ausfüllen würde. Ach, was heißt Wohlwollen? Ich dachte, es würde ihm diesmal Spaß machen, es in Nullkommanichts auszufüllen. Ich dachte, er würde angesichts unseres Glücks erleichtert sein und sich für uns freuen.
»Das passt mir gut!«, sagte ich. »Ich werde da sein.« Schnell legte ich auf.
Das Dokument von der Lufthansa war tatsächlich das gleiche Formular, das wir schon einmal hatten ausfüllen müssen, vor fünf Jahren, als wir nach Amerika geflogen waren. Nun lag es auf dem Beifahrersitz in einer Klarsichtfolie, schön sicher, sodass es nicht verschmieren oder zerknittern konnte. Ich war innerlich vollkommen aufgewühlt. Ich nahm all meinen Mut zusammen, betete darum, dass ich das Richtige tat. Ich musste mich dazu zwingen, an jeder gelb leuchtenden Ampel vom Gas zu gehen. Taten wir tatsächlich das Richtige? Es war fünf vor zwölf – welche Wahl hatten wir? Hierbleiben konnten wir nicht. Dr. Castañeda gab uns Hoffnung und einen Plan, wie man Marc retten konnte. Hier wussten die Ärzte nicht, was sie tun sollten.
Weißt du, hier brauchst du echt nicht lang zu überlegen, sagte ich mir. Und trotzdem hatte ich Bedenken: Aber ich bin an die Ärzte in Köln gewöhnt.
Ich konnte die Stimme meines Vaters hören: Hast du deinen Verstand verloren? Komm mir bloß nicht mit so einem Schwachsinn! Etwas ist allemal mehr wert als nichts! Du weißt doch: Daddy hat kein Dummerchen erzogen!
Helmut war sich in Bezug auf die Operation nicht so sicher. Er fragte häufiger, ja viel zu oft: »Was ist, wenn diese Amis nicht wirklich wissen, was sie tun?«
In Gedanken redete ich mir daher gut zu: Die wissen, was sie tun, mach dir keine Sorgen, altes Mädchen. Und außerdem gilt: Aller guten Dinge sind drei. Beim dritten Mal klappt’s. Alles wird gut, und wenn du schon nicht an Sprichwörter und Kalendersprüche glaubst, dann glaub wenigstens an deine Familie, eine Einheit, du und Marc und Helmut, eins, zwei, drei, und so wird es auch bleiben. Glaub dran!« Ich musste Marcs Lehrerin Bescheid sagen … das heißt, vielleicht besser doch nicht, auch wenn sie es sicher gut meinte. Aber ich konnte mir nur allzu gut vorstellen, wie sie vor der Klasse stehen, die Kinder um Aufmerksamkeit bitten und sagen würde: »Marc Mayer fliegt nach Amerika, um dort im Krankenhaus operiert zu werden.
Marc, wir denken an dich … hast du Angst?«
Nein, nein, nein, ich muss den Ball so flach wie möglich halten, die Sache runterspielen. Marc muss positiv denken. Da gibt’s doch auch ein Sprichwort … wie geht das noch mal? Ach, ja! Ein fröhliches Herz ist die beste Medizin. Das passt. Das stimmt. Kein Zweifel. Eine Minute nach der anderen, so musst du die Sache angehen, und immer schön dein Ziel vor Augen haben. Du kannst nicht zulassen, dass Marc auch nur einen Moment unnötig Angst hat. Du musst die Sache mit der richtigen Einstellung angehen.
Ich weiß, was ich mache! Ich werde stattdessen dem Schuldirektor Bescheid sagen. Ja, das mach ich, und zwar mach ich das einen Tag, bevor wir abreisen. Dann braucht Marc sich nicht mit seinen Mitschülern auseinanderzusetzen. Und ich sag Herrn … ach, wie heißt er noch mal? Egal, ich sag ihm, dass wir es wirklich sehr schätzen würden, wenn er die Lehrerin – wenn er die Information schon unbedingt mit ihr teilen muss – freundlicherweise darum bitten könnte, es den Kindern nicht zu erzählen.
Ich muss packen. Wie das Wetter dort wohl sein wird? Also, nicht, dass das jetzt so wahnsinnig wichtig wäre. Ach, ich frag einfach jemanden, wenn ich das nächste Mal mit Boston telefoniere, also wahrscheinlich heute Abend. Mannomann! Wenn bloß alles so einfach wäre. Ich ruf den deutschen Rettungsdienst an, wenn ich – Moment mal, vielleicht brauch ich den ja gar nicht anzurufen. Vielleicht muss diesmal ja gar kein Begleitarzt mitfliegen. Das letzte Mal haben wir ihn ja auch nicht gebraucht. – Aber das letzte Mal stand Marc auch nicht kurz vor einer OP. – Okay, keine Sorge, keine Sorge. Lass uns jetzt erst mal abwarten und sehen, was der Professor sagt.
Ich frage mich, ob Helmut Cheryl erreicht hat, wegen der Versicherung. Ich hoffe, Marcs Erkältung ist überstanden, bevor wir fliegen … Gott, wir müssen hier eine Entscheidung treffen, die den Rest unseres Lebens beeinflussen wird. Bitte hilf Helmut und mir, alles klar zu sehen, trotz unserer Anspannung. Hilf mir, meine Angst zu begraben. Beruhige mich, gib mir Sicherheit. Und bitte, bitte, um unseres Sohnes willen, lass uns die richtige Entscheidung treffen.
Die Schranke war oben. Ich fuhr auf das Krankenhausgelände. Wie alle Mütter glaubte ich, dass Gott es schon richten würde.
In ungefähr acht Minuten würde mich der Blitz treffen.
»Vielleicht haben Sie mich nicht verstanden, Professor«, sagte ich.
Wir beobachteten uns gegenseitig, als ich aufstand, langsam um meinen Stuhl herumging, dahinter stehen blieb und mich mit ausgestreckten Armen über die Rückenlehne beugte. Meine Augen bohrten sich in die Augen des Professors.
»Also, ich wiederhole: Dr. Castañeda, den Sie kennen, ist darauf vorbereitet, Marc sofort zu operieren. Er hat mir am Telefon persönlich versichert, dass er und sein Team eine Operation durchführen können, die Marcs Gesundheit erheblich – verstehen Sie mich? – erheblich verbessern wird. Während wir beide uns hier unterhalten, Professor, laufen alle nötigen Vorbereitungen, die Helmut und ich mit dem Krankenhaus in Boston, dem Hotel und der Fluggesellschaft treffen müssen. Das Einzige, was ich von Ihnen brauche, ist dieses Formular für die Lufthansa.«
»Frau – «
»Was, Professor? Es ist das gleiche Formular, das Sie für unsere letzte Reise nach Amerika ausgefüllt haben, und ich verstehe nicht, warum das so schwierig ist. Füllen Sie doch bitte einfach das Formular aus und unterschreiben Sie es!«
»Frau Mayer, ich sehe dafür wirklich keinerlei Veranlassung.«
Der Knoten, der sich in meiner Brust noch fester zusammenzog, drohte, mich zu ersticken.
»Wie meinen Sie das? Sie wissen besser als irgendjemand sonst, dass eine Fluggesellschaft im Voraus benachrichtigt werden muss, wenn ein Passagier wie Marc an Bord ist, der während des Fluges Sauerstoff benötigen könnte! Sie waren es doch, der mich zu Tode erschreckt hat vor unserem letzten Flug. Was haben Sie damals noch gesagt? Soweit ich mich erinnere, war es etwas wie: ›Das ist keine gute Idee … Die zuständigen Behörden müssen informiert werden‹ – keine Veranlassung?! Also, wirklich, Professor! Natürlich gibt es eine Veranlassung. Das Formular ist erforderlich. Ihre Unterschrift ist erforderlich. Diese Reise ist erforderlich. Diese Reise ist so, so wahnsinnig wichtig, dass ich gar nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht!«
»Frau Mayer«, sagte er und schaute auf das Dokument. »Ich kann das nicht un– «
»Moment! Warten Sie einen Moment«, sagte ich und zerhackte die Luft mit meiner Hand, so wie es Onkel Boo immer tat, wenn er etwas nicht hören wollte. Diese Unterhaltung brachte mich völlig durcheinander. Ein Kopfschütteln unterstrich meine Fassungslosigkeit.
»Professor, mit Verlaub, aber Sie haben’s immer noch nicht verstanden. Wir haben nur wenig Zeit!«, sagte ich, ging hinüber zu seinem Schreibtisch und zeigte auf das Dokument. »Ich weiß, ich wiederhole mich, aber das ist doch das gleiche Formular, das Sie das letzte Mal ausgefüllt haben, als wir nach Amerika geflogen sind! Also, warum wollen Sie es jetzt nicht unterschreiben? Wo liegt das Problem? Wenn es eine Frage der Zeit ist – und ich weiß, dass es nur drei Minuten Ihrer Zeit in Anspruch nehmen wird – dann bin ich gerne bereit, zu warten!«
»Ich sehe keine Veranlassung für Marc, nach Boston zu reisen«, sagte er.
Wie bitte?
»Sie … Sie, was? SIE? WAS? Wie meinen Sie das? Sie sehen keine Veranlassung für uns, nach Boston zu fliegen?«
»Frau Mayer«, sagte er. »Wenn ich dieses Dokument unterschreibe, dass Sie Ihren Sohn mit nach Amerika nehmen können, dann ist das ja so, als ob ich zugeben würde, dass unsere Ärzte hier nicht qualifiziert genug wären, um Marc zu operieren und – «
»Na, also wirklich – sie sind es ja auch nicht!«
Ich entfernte mich ein paar Schritte von ihm und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen, während ich die entscheidenden Punkte an meiner Hand abzählte.
»Okay – lassen Sie mich das mal klarstellen: Ich hatte das unvorstellbare Glück, in Kontakt mit einem der führenden Herzchirurgen der Welt zu treten, der die Dringlichkeit unseres Problems erfasst hat, der weiß, welche Operation er planen muss, um das Leben meines Kindes zu retten, der schon dabei ist, sein Team darauf vorzubereiten, und – als Krönung des Ganzen – der die einzige Person auf dem kompletten Erdball ist, die Helmut und mir jemals einen Funken Hoffnung gegeben hat, was Marcs Zukunft angeht. Und Sie sagen, wir sollten nicht so schnell wie möglich zu diesem Menschen fliegen? Ist das Ihr Ernst? Denken Sie wirklich, dass ich Ihre Leute hier an meinen Sohn heranlasse, wo Sie doch nicht die geringste Ahnung haben, wie Sie überhaupt operieren wollen? Ist es das, was Sie mir zu sagen versuchen? Sagen Sie mir bitte, dass ich Sie da falsch verstanden habe, Professor.«
»Frau Mayer, ich muss meine Chirurgen unterstützen.«
Ich ließ mich langsam auf der Stuhlkante nieder. Atmete tief durch. Dann überlegte ich ziemlich lange, bevor ich weitersprach. Sollte ich ihn angreifen? Oder sollte ich ihn anflehen? Ich bin eigentlich keine hilflose junge Frau, aber in diesem Moment glaubte ich, dass ich den Kürzeren ziehen würde, wenn ich es drauf ankommen ließ. Weinen, Betteln, hatte ich alles getan.
Die Worte meiner Mutter kamen mir in den Sinn: Du fängst mehr Fliegen mit Zucker als mit Essig, Schätzchen.
Mein Vater hatte ihr widersprochen: Quatsch, Theresa! Hör auf, unserem Kind so’n Mist zu erzählen! Hör du schön auf deinen Daddy, Tracie, und lass dich von dem Typen nicht kleinkriegen! Du weißt, was zu tun ist! Aufgeben gibt’s nicht! Sag diesem Kerl, er soll das verdammte Formular unterschreiben oder du stellst ihm morgen früh um Punkt neun ein paar Demonstranten vor die Klinik und vor sein Haus.
Ich lehnte mich vor, stützte meine Ellbogen auf den Schreibtisch, stützte mein Kinn auf meine Hände und sah ihm direkt in die Augen. Angesichts der misslichen Lage, in der ich mich befand, schien es, als sei eine hypnotische Ruhe auf mich herabgerieselt, als ich zu sprechen begann.
»Was würden Sie … für Ihr Kind tun, Professor? Welche Wahl würden Sie treffen?«
»Frau Mayer – «
»Welche Wahl, für ihr Kind, Professor?«
Ich sprang so energisch auf, dass mein Stuhl dabei nach hinten kippte.
»Wir sprechen hier über das Leben meines Kindes, zum Donnerwetter! Wie können Sie es wagen, sich größere Sorgen darum zu machen, was man von Ihren Chirurgen hält, als was Sie tun könnten, um mir zu helfen, das Leben meines Kindes zu retten!
Vergessen Sie mal für eine Minute, dass Sie Arzt sind!«, sagte ich und knallte mit meiner offenen Handfläche auf seinen Schreibtisch. »Wo bleibt Ihr Mitgefühl, um Himmels willen?«
Er starrte auf das Dokument und fummelte verlegen mit seinen Fingern daran herum, als klebte er nicht nur an der Klarsichthülle, sondern am Richtig oder Falsch seiner Entscheidung, der Entscheidung für Leben oder Tod. Die Stille, die über uns schwebte, schwoll zu einem Crescendo an, bevor sie wie eine Bombe losging.
»Ich kann das nicht unterschreiben«, sagte er.
Mein Ausbruch hatte keine Wirkung gezeigt.
Er wollte mich nicht ansehen. Ich ging zu ihm hinüber, riss ihm die Klarsichthülle aus der Hand und stemmte meine Fäuste auf den Tisch. Ich stand da wie ein Sturm, der sich über ihm zusammenbraute, Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, wild vor Rage, aber ich weigerte mich, meinen Tränen freien Lauf zu lassen.
»Ich sag Ihnen jetzt mal was«, sagte ich. »Seit neun Jahren gehe ich jetzt schon durch die Hölle – seit neun Jahren! Und Sie kennen ja das Sprichwort, oder? Wenn man durch die Hölle geht, soll man einfach weitergehen, weil man irgendwann am anderen Ende wieder rauskommt, und das ist genau, was ich zu tun gedenke – mit Ihrer Hilfe oder ohne sie. Und eins noch, eins können Sie mir ganz sicher glauben: Nicht Sie, nicht Ihre Chirurgen, nicht irgendwer – niemand, kein Mensch auf dieser Welt, wird mich davon abhalten, das Leben meines Kindes zu retten! Haben Sie das verstanden? Kein Mensch! Und Sie müssen verrückt sein, wenn Sie was anderes glauben.«
Ich ging zur Tür, riss sie auf und stürmte davon.
Später am Abend rief Helmut den Professor zu Hause an. Das hätte er sich sparen können.
Die folgende Woche verging wie im Flug und dann spitzte sich an einem Tag alles zu. Am Morgen des 19. April rief ich Dr. Tinschmann an. Er sagte mir, dass er die nötigen Papiere für mich ausfüllen würde. Wir wollten sowieso in seiner Praxis vorbeisehen, damit er Marcs Lungen abhören und sich ein Bild von seinem Allgemeinzustand machen konnte. Wie versprochen unterschrieb er das Formular für mich. Unter anderem stand darin:
EDA 04: Reiseprognose? Keine Probleme zu erwarten. Das Kind hat bereits mehrfach Flugreisen unternommen.
EDA 09: Braucht der Passagier eine Begleitperson? Für kardiale Zwischenfälle wäre es ratsam, wenn ein Arzt das Kind begleiten würde.
Um 12 Uhr faxte ich das Dokument an die Lufthansa. Bis 17:30 Uhr hätte ich alles in der Welt getan, um auch nur das geringste bisschen Ruhe und Gelassenheit zu spüren. Aber die Zeit verstrich weiter, und gegen 20:30 Uhr war ich dann mit den Nerven völlig am Ende.
Die Lufthansa hatte mein Fax bekommen und unseren Antrag wieder einmal abgelehnt, weil das Formular nicht die Unterschrift des Professors trug. Bevor aber der deutsche Rettungsdienst entscheiden konnte, ob uns jemand nach Boston begleiten würde (und wenn ja, wer und unter welchen Umständen), musste die Lufthansa die erforderlichen Papiere weiterreichen, was sie natürlich nicht tun konnte, daher musste der deutsche Rettungsdienst mit dem zuständigen Kardiologen reden … Ich rief Dr. Castañeda an, der sich gerade im OP-Saal befand. Glücklicherweise konnte ich mit seinem Kardiologenkollegen Dr. Freed sprechen. Er sagte mir, er glaube nicht, dass Marc einen Begleitarzt benötige. Aber selbst wenn er während des Fluges Hilfe benötigen sollte, dann wäre es ein minimaler Aufwand, denn für solche Notfälle hätten die Fluggesellschaften extra Sauerstoff an Bord.
Er war davon überzeugt, dass Marc es allein schaffen würde. Dr. Freed sagte mir, dass er aber auch gern mit dem deutschen Rettungsdienst sprechen könne, wenn mich das beruhigen würde.
Es war gar nicht so leicht, alle notwendigen Vorkehrungen rechtzeitig zu treffen. Wir mussten gegen den sechsstündigen Zeitunterschied und Besetztzeichen hüben wie drüben ankämpfen, um diesen mit jenem ins Gespräch zu bringen. Dann benötigten wir die endgültige Kostenaufstellung für Marcs Krankenhausaufenthalt von Miss Coulomb in Boston für den zuständigen Sachbearbeiter bei unserer Krankenkasse in Deutschland, der die letzten beiden Tage damit verbracht hatte, zu ergründen, weshalb die Operation denn überhaupt unbedingt in den USA stattfinden musste. Gleichzeitig kümmerten wir uns um eine Hotelreservierung und machten uns Sorgen, wer denn unseren Hund versorgen würde. Ich tat alles dafür, dass mein Herz aus meiner Hose wieder nach oben an seine angedachte Stelle rutschte. Gleichzeitig lächelte ich, weil ich Marc beobachtete, der auf dem Boden saß und einen Tischtennisball dreimal mit dem Schläger nach oben schlug, bevor er müde wurde. Da sagte ich ihm: »Ist schon okay, kleiner Mann, wir machen uns bald auf den Weg zu Dr. Castañeda. Der wird dir helfen und dann wird’s dir viel besser gehen.« Im nächsten Moment hatte ich das Gefühl, vollkommen verwirrt zu sein, als ich mich am Telefon mit unserem Internisten unterhielt, der mich erst jetzt, am Ende seines sehr, sehr arbeitsreichen Tages, zurückrufen konnte. Verzweifelt versuchte ich, mich zu erinnern, weshalb ich ihn überhaupt angerufen hatte – ach ja, um Helmuts und meine Blutgruppen zu erfahren.
So trug ich am Abend unseren Fall erneut der Lufthansa vor, wo Frau Sommer mir schließlich unmissverständlich zu verstehen gab, dass wir unsere Reise unter gar keinen Umständen mit ihrer Fluggesellschaft würden antreten können. Jemand aus dem Büro des Professors hatte sie über Marcs Zustand informiert und die Lufthansa war nicht bereit, ein Risiko einzugehen und uns mitzunehmen.
»Es tut mir leid«, sagte sie.
Als wir uns genau eine Woche später auf den Weg nach Boston machten, flogen wir ohne einen Begleitarzt des deutschen Rettungsdienstes, ohne ein ärztliches Attest für die Lufthansa, ohne die Lufthansa und ohne auch nur ein einziges Wort über Marcs Zustand zu verlieren, weder vor unserem Abflug noch während der Reise noch bei der Landung. Und obwohl ich während dieses ganzen Fluges permanent das Gefühl hatte, mich übergeben zu müssen, gab es keinerlei Probleme über den Wolken.